Emil Heymann bei einer Hirnoperation mit dem von ihm konzipierten Hochfrequenzgerät im Augusta-Hospital, um 1930 (Gerhard Heymann / DRK)
Emil Heymann bei einer Hirnoperation mit dem von ihm konzipierten Hochfrequenzgerät im Augusta-Hospital, um 1930 (Gerhard Heymann / DRK)

Ausgegrenzt und ausgestoßen

Nach und nach werden jüdische Mitglieder aus den Reihen des Roten Kreuzes ausgeschlossen. Die nationalsozialistische Ideologie greift immer stärker um sich.

Im Juni 1933 hat das DRK-Präsidium beschlossen, dass „Juden, Jüdinnen oder Judenstämmlinge“ keinerlei Funktionen mehr ausüben dürfen. Parallel veröffentlichen einige Rotkreuzzeitschriften antisemitische Stellungnahmen. In der Folge werden jüdische Mitglieder zum Austritt genötigt und ihnen schließlich auch die einfache Mitgliedschaft entzogen.

Ärzten jüdischer Herkunft wird nun gekündigt. Richard Hessberg beispielsweise, über zwanzig Jahre hinweg Chef einer Augenklinik in Essen, muss schon Ende 1933 gehen, seine „Schule für fast blinde Kinder“ wird abgewickelt. Emil Heymann kann noch bis Anfang 1936 am Berliner Augusta-Hospital arbeiten, zu dessen Ruf er als Pionier der Hirnchirurgie beigetragen hat. Doch fachliche Qualifikation zählt nun nichts mehr, es geht allein nach Rasse und Parteibuch. Pionierinnen der Sozialarbeit wie Adele Schreiber und Alice Salomon, die dem Roten Kreuz in den zwanziger Jahren neue Impulse gaben, müssen nach Amerika emigrieren.

Das Schicksal jüdischer Rotkreuzmitglieder ist bis heute kaum aufgearbeitet. Es liegen keine Zahlen vor und nur einzelne Lebensgeschichten in örtlichen Chroniken. Der Chirurg Albert Ettlinger, langjähriger Vorsitzender in Frankfurt am Main, wird später ebenso in Auschwitz umgebracht wie Hildegard Böhme, die elf Jahre lang die Dokumentationsstelle des DRK geführt hat und Referentin für Wohlfahrtspflege war. Es ist anzunehmen, dass unter den Opfern des Völkermords an den Juden auch zahlreiche Mitarbeiter des Roten Kreuzes waren, vor allem aus den Gesellschaften der besetzten Länder.

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