In ihrem Fach macht ihr niemand so leicht etwas vor, denn Wetterbedingungen und die Vorhersage von Wetter in Kirgistan beschäftigen Makhbuba Kasymova bereits mehr als die Hälfte ihres Lebens. Nachdem sie ihre Karriere als Prognostikerin in der Luftfahrt begonnen hatte, kam die Expertin 1985 zum Nationalen Hydrometeorologischen Dienst in die kirgisische Hauptstadt Bischkek, wo sie seit 2009 Leiterin der Abteilung Wettervorhersage ist. „Ich mache meine Arbeit sehr gern, denn es ist hochinteressant, zu prognostizieren, wie die Wetterbedingungen sein werden“, sagt sie.
Ihre Erfahrung macht Makhbuba Kasymova und ihr Team zu idealen Mitwirkenden am Forecast-based-Financing-Projekt des Deutschen Roten Kreuzes und des Kirgisischen Roten Halbmonds. Schließlich spielen verlässliche Wettervorhersagen dabei eine wesentliche Rolle. Immer wieder gefährden Wetterextreme in Kirgistan Menschenleben und Existenzgrundlagen. Doch dank des Projekts sollen gefährdete Familien im Falle drohender Hitze- oder Kältewellen frühzeitig Hilfe – zum Beispiel in Form lebensnotwendiger Güter wie Kohle oder Trinkwasser – erhalten, um sich schützen zu können.
Weil Makhbuba Kasymova die Wetterbedingungen in Kirgistan wie kaum jemand anderes kennt, legt die Expertin wichtige Grundlagen im Projekt. Ob schwere Kältewellen im Winter oder intensive Sommerhitze, sie hat zusammengefasst, welche Regionen für welche Wetterphänomene besonders anfällig sind und diese sorgfältig beschrieben – eine der Voraussetzungen für passgenaue Hilfe.
„Ergänzend dazu entwickeln wir sogenannte Auslöser- oder Trigger-Modelle, indem wir die Auswirkungen von Wettergefahren mit historischen meteorologischen Daten vergleichen und die Rücklaufzeit errechnen”, sagt die Meterologin. Daraus ergeben sich Auslöser bzw. Schwellenwerte, beispielsweise in Bezug auf die Temperatur, die Niederschlagsmenge oder den Luftdruck. Werden diese Schwellenwerte erreicht, steigt das Risiko für ein bestimmtes Wetterextrem. Für das DRK-Projekt sind die Schwellenwerte essentiell, denn sie markieren den Zeitpunkt, an dem die Rotkreuz- und Rothalbmondmitarbeiter Hilfsmaßnahmen für Bedürftige einleiten.
Die Rolle des Klimawandels ist in Kirgistan nicht zu unterschätzen. „In den vergangenen Jahren hatten wir viele Hitzewellen. Auch die Häufigkeit hydrometeorologischer Phänomene nimmt zu – also alle Ereignisse rund um den Wasserkreislauf. Im Sommer gibt es mit hoher Wahrscheinlichkeit starke Regenfälle, die Sturz- und Schlammfluten verursachen. In drei bis sechs Stunden haben wir dann Niederschlagsmengen wie sonst in einem Monat“, verdeutlicht die Expertin. Immer öfter beobachtet sie Unregelmäßigkeiten bei den Temperaturschwankungen. Umso wichtiger sind innovative Ansätze wie die vorausschauende Katastrophenhilfe: „Die Mitarbeit am DRK-Projekt ist für mich sehr interessant. Die Analyse, die ich für die Entwicklung von Auslösern bzw. Schwellenwerten durchführe, helfen uns im Prozess der Wettervorhersage. Während der Arbeit passe ich die Auslöser für das Frühwarnsystem in Kirgistan je nach Standort an, sodass die gefährdete Bevölkerung rechtzeitig gewarnt werden kann.“
Auch darüber hinaus gibt das Projekt wertvolle Impulse: „Es hat mir die Möglichkeit gegeben, unsere Prognosen aus der Sicht der Nutzer zu betrachten und mich motiviert, die Qualität unserer Vorhersagen weiter voranzubringen, besonders in Bezug auf Warnungen.” So hat Makhbuba Kasymova mit ihrem Team kürzlich Farbcodes für Warnsysteme entwickelt, die von der Regierung nun für das gesamte Gebiet Kirgistans amtlich bestätigt werden. „Durch die Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz können wir unsere Warnfähigkeit auf ein höheres Niveau bringen“, fasst die Meteorologin zusammen. „Ich möchte allen, die dieses Projekt möglich machen, meinen Dank aussprechen“, betont Makhbuba Kasymova. „Durch die Umsetzung des Projekts wird die gefährdete Bevölkerung Kirgistans Hilfe und Unterstützung erhalten, um Extremwetter zu überleben.“
Fotos: S.Abdujabarov/DRK; N.Chynalieva/DRK
Text: Marina Schröder-Heidtmann