Die vom ehemaligen DRK-Bundesarzt Prof. Peter Sefrin initiierte DRK-Studie basiert auf Experteninterviews mit erfahrenen DRK-Einsatzkräften. Sie hält unter anderem fest, dass das Phänomen in den letzten Jahren durch die ständige Verfügbarkeit kamera- und internetfähiger Smartphones vorangetrieben wurde, die eine unmittelbare Verbreitung der Inhalte ermöglichen. Dazu einer der Befragten, Andy Feig, Rettungsdienstleiter und Leiter Bevölkerungsschutz aus Sachsen: „Die Hemmschwelle ist niedriger geworden, gerade bei den Jugendlichen. Man hat jetzt ein Handy – das gab es 2000 zwar auch schon – aber das Handy rauszuzücken und zu fotografieren, das geht jetzt alles viel schneller und viel einfacher. Und es ist definitiv mehr geworden.“
Die Gesetzgebung reagierte auf die Häufung des Phänomens mit einer Neufassung des §201a StGB, der den höchstpersönlichen Lebensbereich und die Persönlichkeitsrechte schützt und seit Januar 2021 unter anderem auch das Fotografieren und Filmen verstorbener Personen mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren ahndet. Laut der DRK-Studie bleibt die Umsetzung in der Strafverfolgung aber weiter eine Herausforderung, trotz zunehmender Sensibilisierung der Ermittlungsbehörden. Auch, da die Kräfte fehlen, um entsprechende Anzeigen aufzunehmen. Einsatzkräfte müssen bereits jetzt häufig zusätzliche Ressourcen aufbringen, um Persönlichkeitsrechte der Notfallpatienten zu wahren und Gaffende davon abzuhalten beispielweise Zugangswege zu versperren oder in den Rettungsablauf einzugreifen. Dazu eine der Befragten, Stephanie Nick, Rettungssanitäterin aus Rheinland-Pfalz: „Ich glaube, für uns ist ein großes Problem, dass sie [die Gaffenden] dann tatsächlich auch im Weg stehen und uns behindern, auch wenn es vielleicht nur eine zeitliche Behinderung ist. Weil wir eben auf sie reagieren müssen und […] vielleicht dann auch die Hilfe von den Kollegen von der Polizei brauchen.“
„Wir setzen uns dafür ein, die Empathie für Notfallpatienten und den Respekt für Rettungskräfte wieder zu stärken und den Fokus anderer Anwesender auf das Helfen zu richten. Denn Erste Hilfe ist die gesellschaftliche Verpflichtung jedes Einzelnen“, so Reuter.
Die Studie ist in der aktuellen Ausgabe 3/2022 der Fachzeitschrift „Crisis Prevention“ erschienen.
Die Pressestelle vermittelt gern Interviews mit dem Fachbereich.