Der seit einem Jahr andauernde Krieg stellt die Menschen in der Ukraine vor große Herausforderungen. Die humanitäre Lage spitzt sich fortwährend zu und das Leiden der Bevölkerung ist unermesslich.
Die Wasser- und Stromversorgung fällt immer wieder in weiten Teilen des Landes aus. Nun ist auch der Winter eingebrochen und verschlimmert die Lage.
In entlegenen Regionen war die medizinische Versorgung schon vorher eingeschränkt. Wir unterstützen unseren Partner, das Ukrainische Rote Kreuz (URK), unter anderem im Gesundheitsbereich. Einen Schwerpunkt bilden die häuslichen Pflege- und Besuchsdienste des URK. Sie helfen zum Beispiel beim Einkauf, bei der Hausarbeit, beim Kochen und der Hygiene oder übernehmen die vollständige Pflege von bettlägerigen Patientinnen und Patienten. Der häusliche Besuchs- und Pflegedienst des URK versorgte im vergangenen Jahr über 3.600 Menschen, vor allem Ältere, Bettlägerige und Menschen mit Behinderungen. Ihnen wurde von über 560 Betreuenden zum Beispiel beim Kochen, Putzen, Einkaufen von Lebensmitteln und mit Medikamenten geholfen.
Neben den Regionen Volyn, Rivne und Lwiw sind auch in der Stadt Kiew Rotkreuz-Helferinnen und Helfer im Einsatz. Vergleichbare Maßnahmen gibt es auch in Odessa. Das DRK bringt hier seine Expertise ein, berät, koordiniert und liefert zudem auch dringend benötigte Hilfsmittel wie Rollstühle, Gehhilfen, Toilettenstühle und spezielle Pflegebetten.
Valentina unterstützt Soja nun schon seit Mai 2022 in ihren alltäglichen Aufgaben. Sie kommt fünf Mal in der Woche und hilft beim Einkaufen, Kochen und der Gartenarbeit. Mit dieser Hilfe können die Menschen ein Stück weit ihr gewohntes Leben aufrechterhalten. Gerade Ältere, deren Kinder und Bekannte fliehen mussten, oder die alleinstehend sind, haben so die Möglichkeit, weiter in ihrem Zuhause bleiben zu können.
Tanja hat sogar Volodymyrs Haus gestrichen und eigenständig kleinere Renovierungsarbeiten übernommen. Stolz erklärt sie uns, dass das ja auch zu ihren Aufgaben gehört, denn sie will, dass Volodymyr sich wohlfühlt. Hilfe kommt in vielen Formen und die Bedürfnisse sind oft sehr unterschiedlich. Es ist oberste Priorität, den Bedarfen gerecht zu werden und gezielt, auf Augenhöhe zu helfen.
Auch Oleksandra ist auf die Rotkreuzhilfe angewiesen. Sie ist 94 Jahre alt und könnte ohne die Hilfe von Anna nicht mehr allein in ihrem Haus leben. Sie ist fast vollständig bettlägerig und auf die täglichen Besuche angewiesen. Die Gemeinden, in denen das Projekt durchgeführt wird, sind oft sehr abgelegen und weit entfernt von den bereits stark überlasteten Gesundheitseinrichtungen.
Natalja ist eine von 50 Rotkreuz-Sozialbetreuerinnen in der Region Rivne, die für das Rotkreuzprojekt arbeiten. Sie selbst ist kurz nach Beginn des Krieges mit ihren beiden Kindern aus dem östlichen Teil des Landes geflüchtet, ihr Mann ist zurückgeblieben und ist Soldat in der ukrainischen Armee. Die Englischlehrerin erzählt uns, wie rührend sie und ihre Familie hier aufgenommen wurde. Sofort nach Ankunft will sie sich engagieren und, wie sie sagt, zurückgeben: „So viele der Menschen, die ich betreuen darf, wollen einfach nur reden. Sie sind einsam und so glücklich, wenn man sich Zeit für sie nimmt. Die psychische Gesundheit ist genauso wichtig, wie die physische, davon bin ich überzeugt.“
Haina wird von Natalja nun schon seit Mai 2022 betreut. Die 85-jährige lebt allein in ihrer Wohnung in Rivne und hat gerade eine Operation am Auge hinter sich. Alltägliche Aufgaben fallen der alten Dame schwer und es gibt niemanden, der sie unterstützen kann. Natalja übernimmt das Kochen, Putzen, Einkaufen von Lebensmitteln und Medikamenten. „Oft ruft sie aber auch einfach nur an“, so Haina, „um sich zu erkundigen, wie es mir geht und zu sehen, ob ich etwas brauche. Sie denkt an alles und mehr. Ich freue mich immer sehr, wenn ich weiß, dass Natalja kommt“.
Auch Olena freut sich, wenn Natalja kommt und Zeit mit ihr verbringt. „Sie ist so geduldig, unterstützt mich bei allem. Sie bringt Frieden in mein Haus. Sie kocht, übernimmt kleinere Reparaturarbeiten im Haus und kauft Futter für meine Katze. Manchmal bringt sie mir sogar Blumen,“ so die 86-jährige.
Nadia lebt außerhalb von Rivne in einem großen Haus mit Gemüsegarten. Natalja besucht sie regelmäßig und unterstützt die Witwe, die sich allein nicht mehr um alle anfallenden Aufgaben kümmern kann. „Seit Mai kommt Natalja dreimal die Woche und ist eine unglaubliche Hilfe. Alles ist so viel einfacher. Sie sieht sofort, was gerade gemacht werden muss und tut es einfach. Von Fensterputzen bis zur Gartenarbeit übernimmt sie fast meinen gesamten Haushalt. Sie ist so fleißig und eine fantastische Person.“
Fotos: Oana Bara/DRK