Allein zwischen 2001 und 2021 hat sich die Zahl pflegebedürftiger Menschen laut dem Statistischen Bundesamt von zwei auf fünf Millionen mehr als verdoppelt. Sie wird über die kommenden Jahre weiter deutlich zunehmen. Die steigende Nachfrage trifft auf eine aktuell praktisch stagnierende Zahl von verfügbaren Pflegekräften. Aus diesem Grund werden bis zum Jahr 2049 in Deutschland laut Bundesamt mindestens 280.000 Pflegekräfte fehlen. In einem Negativszenario könnte dann sogar fast jeder dritte Arbeitsplatz in der Pflege nicht mehr besetzt werden.
„Wir sehen schon jetzt, dass an einigen Orten die Versorgung pflegebedürftiger Menschen nicht mehr ausreichend gewährleistet werden kann. Bund und Länder haben die Pflicht, genau hinzusehen und gezielte Lösungen zu finden“, so Hasselfeldt. Um das systematisch besser hinzubekommen, schlägt das DRK eine bundesweite Erfassung von weißen Flecken der Versorgung mit sozialen Angeboten vor. Eine Meldestelle, an die aus der Zivilgesellschaft heraus berichtet wird, könne ein zentraler Baustein sein.
Auch um dem Arbeitskräftemangel entgegenzutreten, brauche es laut DRK vor allem politischen Willen. Mit fünf konkreten Maßnahmen sollten Politik und die Selbstverwaltung im Gesundheitssystem zur Fortentwicklung der Pflegeberufe und zur Steigerung von deren Attraktivität beitragen:
Ein bundesweit harmonisiertes und durchlässiges Bildungssystems in der beruflichen Pflege, vom Pflegebasiskurs bis hin zum Universitätsabschluss.
Die Definition von fachlich fundierten Kompetenzfeldern in Anlehnung an den Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) für die berufliche Pflege, orientiert an Aus-, Fort- und Weiterbildungen, um durch einen kompetenzorientierten Personaleinsatz die bestmögliche Versorgungsqualität für die pflegebedürftigen Menschen zu erreichen. Dies würde auch die beruflichen Aufstiegschancen verbessern und attraktive Karrierewege befördern.
Die Stärkung der Befugnisse und Kompetenzen des Pflegefachpersonals, wie es das von der Bundesregierung angestrebte Pflegekompetenzgesetz vorsieht. Dazu zählt insbesondere das Recht zur Wahrnehmung von Aufgaben, die nur von qualifizierten Pflegefachpersonen ausgeführt werden dürfen (sogenannte Vorbehaltsaufgaben), wie die Steuerung der Pflegeprozesse von kranken oder pflegebedürftigen Menschen.
Mehr Freiraum für die originären Kernaufgaben von Pflegefachpersonen, indem Bürokratie abgebaut wird und sie sich dadurch auf ihre Fachlichkeit fokussieren können.
Abschaffung des Heilpraktikergesetzes zugunsten eines allgemeinen Heilberufegesetzes, um die heilkundlichen Befugnisse und Kompetenzen für alle Heilberufe zu regeln, und eine moderne, interprofessionelle Aufgabenteilung im Gesundheitswesen zu ermöglichen.
Das DRK sieht die Verantwortung allerdings nicht allein bei Politik und Selbstverwaltung. „Um die Attraktivität des Berufs zu erhöhen, müssen auch die Arbeitgeber ihren Beitrag leisten“, so Hasselfeldt. Beim Deutschen Roten Kreuz würden beispielsweise attraktive Karrierewege im Kontext gemeindebasierter Pflegeangebote (Community Health Nursing) geschaffen werden, zudem sei die Bezahlung in der Pflege beim DRK durch den eigenen Tarifvertrag in den letzten Jahren deutlich erhöht worden. Weiterhin unterstütze das DRK den Aufbau von Springerpools, die Einführung der bedarfsgerechten Personalbemessung, die sich an den Pflegegraden der pflegebedürftigen Menschen orientiert, sowie die Umsetzung der entbürokratisierten Pflegedokumentation in den Einrichtungen.