„Ich will endlich wieder arbeiten und ein normales Leben führen“, sagt Hadra Ibrahim. Die 23-Jährige ist Mutter von drei kleinen Kindern. „Meinen Mann sehe ich selten, manchmal nur alle zwei Monate. Alleine ist es sehr schwierig. Sein Gehalt reicht nicht über seine Bedürfnisse hinaus. Als wir zurückgekommen sind, haben wir unser Haus zerstört wiedergefunden. Das war ein großer Schock, den wir bis heute nicht überwunden haben. Stellen Sie sich vor, Sie finden Ihr Leben in Trümmern wieder.“
Hadra Ibrahim ist ursprünglich aus Aleppo. 2015 sind sie, ihre Kinder und ihre Schwiegereltern vor den Kampfhandlungen in ihrer Heimatstadt geflohen. Lange hat sie die Flucht hinausgezögert. Als aber ihr Nachbarhaus von einer Bombe getroffen wurde, entscheidet die Familie, das Nötigste zu packen und nach Lattakia zu fliehen. „Meine Kinder und ich waren zu Hause, als das Haus neben unserem zerstört wurde. Der Einschlag war so laut und die Erde bebte, für einige Sekunden dachte ich, es hat uns getroffen. Wir standen alle unter Schock.“
Als sie vor einem Jahr zurückkehrte, fand Hadra Ibrahim ihr Haus vollständig zerstört vor. Verzweifelt hat sie für sich und ihre Familie ein Dach über den Kopf gesucht und ist schließlich in das Lager für Binnenvertriebene in Jebreen, ein wenig außerhalb von Aleppo, gezogen.
6,2 Millionen Menschen sind innerhalb des Landes vertrieben, davon allein 2,5 Millionen Kinder. Allein 2017 sind es weit mehr als 1,8 Millionen Menschen, die ihren Heimatort verlassen haben, um ein sicheres Leben für ihre Familien sicherzustellen. Viele von ihnen müssen mehr als nur einmal fliehen.
Der Hilfsbedarf der betroffenen Menschen ist groß. Viele haben alles verloren und versuchen tagtäglich mit dem Wenigen, das sie haben, ihre Familien durchzubringen. So auch Hadra. Die junge Mutter wird in Jebreen monatlich mit Nahrungsmittelpaketen unterstützt, alle zwei Monate mit Hygieneartikeln. Diese Hilfe reicht nicht aus, um die ganze Familie zu versorgen. Windeln beispielsweise erhält sie nur alle 6 Monate. Der Bedarf im Land ist einfach zu hoch.
Ganz besonders schlimm ist es, wenn der Winter einkehrt. Rund um Aleppo können die Temperaturen unter null Grad fallen. Das Kerosin für Heizöfen ist knapp, viele Kinder haben keine richtige Kleidung oder Schuhe und werden oft krank. Medikamente oder medizinische Versorgung gibt es kaum.
Solange Hadra ihren jüngsten Sohn stillt, kann sie nicht arbeiten gehen. Ihre Schwiegereltern sind schon zu alt, und ihr Schwager kann sich kaum bewegen, da er Rheuma hat und nicht behandelt werden kann. Die feuchte Kälte macht für ihn alles nur noch schlimmer. Hadra versucht, sich um alle zu kümmern, erzählt aber verzweifelt, dass sie nicht mehr weiter weiß.
„Wenn wir zumindest Kerosin für unseren Ofen hätten oder genug Brot, um die Familie zu ernähren“, sagt sie.
Das DRK ist seit Anfang 2012 in Syrien aktiv an der Nothilfe beteiligt. Verschiedene Aktivitäten werden aktuell in Zusammenarbeit mit der Schwestergesellschaft, dem Syrischen Arabischen Roten Halbmond (SARC), durchgeführt: Dazu gehört zum Beispiel die Lieferung lebensnotwendiger Hilfsgüter wie Nahrungsmittel und Hygieneartikel – darunter spezielle Artikel für Babys, Frauen und ältere Menschen. Die zur Verfügung gestellten Hilfsgüter werden von den SARC-Helfern nach Bedarf verteilt. Auch die Stärkung der Logistikkapazitäten unserer Schwestergesellschaft, inklusive Anmietung, Rehabilitierung und Instandhaltung von Lagerkapazitäten, der Bezahlung von Logistikmitarbeitern sowie der Bereitstellung von LKWs und Gerätschaften, gehört zu unserer Arbeit vor Ort.
Über diese logistische Infrastruktur werden nicht nur die Hilfsgüter der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung, sondern auch die Güter anderer Hilfsorganisationen wie der UN im ganzen Land verteilt. Die Unterstützung des DRK leistet daher einen wichtigen Beitrag zur gesamten humanitären Hilfe in Syrien. Allein in Aleppo unterhält das DRK sieben Warenhäuser, alle vom SARC verteilten Hilfsgüter werden dort gelagert.
Neben der akuten Nothilfe engagiert sich das DRK gemeinsam mit dem SARC auch im Bereich längerfristiger Unterstützung für die Menschen in Syrien. Hierzu zählen beispielsweise Aktivitäten zur beruflichen Bildung und Beschäftigungsförderung mit dem Ziel, die Ernährungssituation und die Lebensgrundlagen der Menschen zu verbessern. Auch erste Maßnahmen zum Wiederaufbau von Kliniken und Niederlassungen des SARC, die in dem Konflikt beschädigt wurden, setzen wir um.
Die Projekte in Syrien wurden seit Beginn insbesondere durch das Auswärtige Amt, die Europäische Kommission, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie durch das Belgische Rote Kreuz Flandern (Belgische Regierung) und das Norwegische Rote Kreuz (Norwegische Regierung) unterstützt.