„Psychologin für die mobilen Betreuungsteams“ – Sabine Richter aus Grimma

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Sabine Richter vom Mobilen Betreuungsteam
DRK: Frau Richter, wie finden die Flutopfer Sie und Ihr Team nach dem Hochwasser?
S. Richter: Es muss niemand zu uns kommen. Wir sitzen nicht an einer bestimmten Stelle, sondern wir laufen durch die Stadt Grimma. Es sind überall offene Fenster. Die Wände müssen ja trocknen. Viele Türen der Wohnungen sind offen, man kann reingehen und rufen, ob jemand da ist. Vielerorts wird gewerkelt, gearbeitet und gemacht. Dann kommen wir miteinander ins Gespräch. DRK: Worüber spricht man dann mit den Menschen?
S. Richter
: Man fragt ersteinmal, wie es denjenigen geht, wie sie die ganze Situation überstanden haben und wie sie die Situation erlebt haben, als das Wasser kam. Man fragt, was die Familie gemacht hat, wie sie sich verhalten haben. Ersteinmal muss man miteinander ins Gespräch kommen. Und die Leute reden einfach. Wenn wir da sind, reden sie mit uns. DRK: Wie geht es den Kindern nach der Flut?
S. Richter: Auf die Kinder wurde bisher noch überhaupt nicht geschaut, wie die das verarbeiten und wie sie es verkraftet haben. Wir haben einen Jungen gehabt, 14 Jahre alt, der musste mithelfen, damit die Eltern in das Haus kamen, in dem das Hochwasser schon stand. Als wir mit dem Kind geredet haben, und er hat das alles so schön beschrieben, was er da gemacht hat, da kamen die Tränen wieder, dann steigen die Tränen auf. Der Junge hat die Situation noch überhaupt nicht verkraftet. Wir hatten eine junge Familie bei uns, da ist die Mutter bei der Evakuierung ins Wasser gefallen. Die Kinder haben geschrieen, wie verrückt. Die Rettungsleute mussten sich zuerst um die Mutter kümmern und die Kinder waren einfach schockiert. DRK: Gab es besonders bewegende Momente?
S. Richter
: Bewegende Momente sind auch die mit den alten Leuten, mit denen, die ungefähr im Rentenalter sind. Die damals schon 2002 das alles miterlebt haben. Das ist auch etwas sehr sehr Auffälliges. Alle die, die das Hochwasser 2002 miterlebt haben: bei denen kommt das jetzt alles wieder hoch. Und ältere Leute sind ja sehr emotional. Da ist schon so ein Stück Hoffnungslosigkeit zu spüren. DRK: Wie macht man den Menschen wieder Mut?
S. Richter: Ja, wie macht man denen Mut? Indem man ihnen ein Stück weit Zuspruch  gibt und ihnen aufzeigt, wo es Hilfe gibt: Zunächst mit der staatlichen Soforthilfe, damit die Menschen etwas in die Hände bekommen, damit sie losgehen können und etwas machen können, was tun können, damit sie die Lage wieder einigermaßen in den Griff bekommen. DRK: Wie ist die Stimmung jetzt in Grimma?
S. Richter
: Wenn man in Grimma auf dem Marktplatz steht und ringsum sieht, wie die Menschen werkeln und arbeiten, wie sie selbstständig ihre Geschäfte wieder aufbauen, auf denen überall steht: „Wir machen weiter“ und „ Wir danken den Helfern“. Das sind so die Momente.
Und es ist auch sehr ergreifend zu hören: Naja, die anderen, die waren ja viel schlimmer dran, als wir. Wir schaffen das schon. Obwohl sie gar keine Vergleichspersonen haben, der es schlimmer ging. So generell sagen sie, es gibt noch andere, denen geht es noch schlechter, denen ist es schlimmer ergangen. Bei uns – wir kommen schon weiter. DRK: Frau Richter, vielen Dank für das Gespräch.
S: Richter: Danke.
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