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COVID-19 in Jemen: „Erst hatten sie Angst, dann halfen sie uns sogar“

Drei Rothalbmond-Helfer reinigen eine Mauer

Randa El Ozeir begleitete im Juni 2020 als Journalistin für die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften (IFRK) in Jemen Aktivitäten des Jemenitischen Roten Halbmondes (JRH) zu COVID-19.

Rothalbmond-Helfer klebt Plakat an Kiosk
Aufklärungskampagne des Jemenitischen Roten Halbmonds mit Plakaten.

Maskierte Freiwillige

Wir sind in einer relativ abgelegenen Gegend bei Dhamar im westlichen Jemen unterwegs. Freiwillige Helfer des JRH in Schutzmasken hängen Infoplakate auf, diese sind Teil einer Aufklärungskampagne über COVID-19.

Eine Gruppe von Anwohnern reagiert besorgt: Sie haben offensichtlich Angst, sich bei diesen maskierten Freiwilligen mit der Krankheit anzustecken, von der sie schon so viel gehört haben. Die Anwohner nähern sich zunächst vorsichtig und überschütten die Freiwilligen dann mit Fragen. Nach einer Weile aber erhellen sich ihre Gesichter – endlich verstehen sie, warum wir Schutzmasken tragen – um sie und uns vor Corona zu schützen!

Zamzam Saleh Saed Jaeem, stellvertretender Kommunikationsmanager in der JRH-Zweigstelle Dhamar, sagte später: „Einige Leute erschraken, als sie sahen, dass wir Masken trugen. Sie fragten sich, ob wir krank und ansteckend wären! Aber wir blieben standhaft und beharrten darauf, über die Gesundheitsrisiken durch Corona und Hygiene zu informieren, so dass sie uns schließlich sogar beim Aufhängen der Plakate halfen.“

Rothalbmond-Freiwilliger im Gespräch mit Senior und Junge

Die Ortskenntnis ist entscheidend

Wieder einmal zeigte diese Episode, welch unschätzbare Rolle lokale Akteure und Freiwillige in den Gemeinschaften vor Ort spielen, die sie in der Regel wie ihre Westentasche kennen. Sie sprechen die Sprache, sind mit den Traditionen vertraut und kennen die vorherrschende Mentalität.

Nisrine Ahmed, die Medienbeauftragte des JRH, sagt: „Die geographische Herausforderung, von Bergen bis zu Wüsten, Küsten und Grenzen, wird durch die schlechte Telefon- und Internetabdeckung und die unzuverlässige Elektrizitätsversorgung noch verschlimmert und macht diese Orte unerreichbar. Bevor man aktiv wird, muss eine Koordination mit allen Behörden des Landes erfolgen. Nur so kann die Sensibilisierung vor Ort direkt mit der Bevölkerung beginnen.“

Rothalbmond-Freiwilliger klebt Info-Plakat
Mit Informationsplakaten wird an öffentlichen Orten in Jemen über die richtigen Hygienemaßnahmen informiert.

In Jemen, der seit fast sechs Jahren von bewaffneten Konflikten betroffen ist, ist der JRH eine der wenigen humanitären Organisationen, die ihre Aktivitäten im ganzen Land weiterführen und dabei das tun, was sie am besten können: humanitäre Unterstützung für Gemeinschaften, die von Konflikten aber auch Naturkatastrophen betroffen sind, medizinische Versorgung vor allem für Frauen und Kinder, Ernährungshilfe, Prävention von Krankheiten wie Cholera und Malaria.

Und eben in letzter Zeit auch Aufklärungskampagnen in den 22 Bezirken des Landes, um auf die Gefahren von COVID-19 hinzuweisen. Diese Kampagnen werden von den Kommunikationsleitern des JRH in Begleitung der Ambulanzfahrer und Freiwilligen geleistet. Mit Plakaten und Lautsprecherdurchsagen werden die Menschen über vorbeugende Maßnahmen aufgeklärt.

Einsatzwagen vor Haus
Krankenwagen, die mit Lautsprechern ausgestattet sind, dienen der COVID-19-Aufklärung in Jemen.

COVID-19-Aufklärung in Jemen: Die Infos kommen per Lautsprecher

Basierend auf der guten Kenntnis des lokalen Umfelds, hat der JRH mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) vereinfachte Audio-Botschaften produziert. Themen sind die „Verwendung von Handdesinfektionsmitteln“, „Wie Sie sich und Ihre Familie schützen können“, „Was Sie tun sollten, wenn Sie Symptome haben“ und „Wann Sie eine Maske tragen sollten“.

Nisrine Ahmed erläutert, wie diese Botschaften über die Lautsprecher der Krankenwagen übertragen werden, die in den Distrikten und Nachbarschaften der abgelegenen Gebiete innerhalb der einzelnen Gouvernorate unterwegs sind. „Wir verteilen auch Flugblätter und Plakate mit wichtigen Informationen über COVID-19, seine Verbreitung und die Möglichkeiten, um es zu verhindern.“

Menschen mit Plakaten vor Gesundheitseinrichtung
COVID-19-Aufklärung in Jemen in den Gesundheitsstation des Jemenitischen Roten Halbmonds.

Weiter erklärt er: „Wir führen diese Aufklärungskampagnen in Koordination mit dem Deutschen Roten Kreuz, dem Dänischen Roten Kreuz, der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz durch.“

Die Probleme für die Menschen in Jemen scheinen weiterhin groß. Ahmed, der aus einem Dorf stammt, sagt: “Wir sind froh, dass der JRH für uns da ist und uns geholfen hat, Missverständnisse über COVID-19 zu korrigieren. Unsere Situation ist schlimm, und wir brauchen Schutzausrüstung, die wir aber nicht kaufen können. Wir haben kein Wasser, und wenn wir Wasser haben, reicht es kaum zum Trinken aus, wie sollen wir also darauf achten, uns regelmäßig die Hände zu waschen?“

Hintergrund

Der Jemenitische Rote Halbmond (JRH) ist eine unabhängige freiwillige Hilfsorganisation und wurde 1968 gegründet. Das DRK unterstützt den Jemenitischen Roten Halbmond insbesondere im Gesundheitsbereich. Dazu gehören der Betrieb und die Ausstattung von Krankenhäusern und Gesundheitsstationen, die Beschaffung von Medikamenten und die Versorgung mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern. Ein Schwerpunkt der Hilfe in Jemen liegt in der Behandlung von chronisch erkrankten Patienten, wie z. B. der Dialyse bei Niereninsuffizienz.

Text: Randa El Ozeir
Fotos: Nisreen Ahmad, Jemenitischer Roter Halbmond

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