Am Freitag, 4. November 2011 strahlt der NDR die Reportage „Die Altkleider-Lüge“ aus. Die Autoren verfolgen die Thesen, dass Kleiderspender über die tatsächliche Weiterverwendung der Kleidung getäuscht werden und dass ein Großteil der gespendeten Altkleider nach Afrika weiterverkauft wird und dort die lokale Textilindustrie zerstört. Der Bundesverband des Deutschen Roten Kreuzes weist darauf hin, dass die DRK-Kreis- und Landesverbände die Altkleidersammlung in Eigenregie und Eigenverantwortung betreiben. Gleichzeitig will der DRK-Bundesverband aber zur Aufklärung und Spendentransparenz beitragen und beantwortet im Folgenden zentrale Fragen, die sich aus dem Beitrag ergeben.
1. Warum sammelt das Rote Kreuz Altkleider?Die Altkleidersammlung ist auf der einen Seite eine wichtige Säule zur Finanzierung unserer ehrenamtlich geprägten sozialen Arbeit. Andererseits erhalten wir dadurch auch die gut erhaltene Kleidung, die mehr als eine Million Bedürftige pro Jahr in unseren Kleiderkammern oder DRK-Secondhand-Shops umsonst oder gegen eine geringe Schutzgebühr erhalten. 2. Was tut das Rote Kreuz mit dem Geld, das die Verwertungsfirmen für die Altkleider bezahlen?Die Gelder müssen in satzungsgemäße soziale Aufgaben fließen, z.B. Suppenküchen, Schuldnerberatungsstellen, Besuchsdienst für alte oder kranke Menschen, Kältebus o.ä. Somit ist die Abgabe von gebrauchter Kleidung eine andere Form der Spende. Konkrete Antworten auf diese Frage können aber nur unsere regionalen Verbände geben. 3. Ist es richtig, dass Altkleider-Spender glauben, dass die gespendete Kleidung direkt in Katastrophengebiete geflogen wird?Wir haben darüber keine wissenschaftlichen Erkenntnisse. Aber wir sind sicher, dass unsere Altkleider-Spender das in der Überzeugung tun: Das Rote Kreuz wird damit schon etwas Gutes bewirken. Und so ist es auch. Alle Erträge aus der Altkleidersammlung müssen unseren satzungsgemäßen sozialen Aufgaben zugute kommen. Die tägliche Erfahrung lehrt auch, dass die meisten Spender einfach froh sind, gebrauchte Kleidung sinnvoll abgeben zu können. Denn es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass in unserer Gesellschaft Unmengen Kleidung gekauft und schnell wieder aussortiert werden. In den Hausmüll dürfen Altkleider nicht, daher sind die Altkleider-Container oder Kleiderkammern oft der bequemste Weg, gebrauchte Kleidung wegzugeben. Wir heißen den schnelllebigen Umgang mit Kleidung nicht gut, aber es ist eine gesellschaftliche Realität.4. Ist es möglich, dass das Rote Kreuz Altkleider-Spendern suggeriert, dass gespendete Kleidung direkt in Katastrophengebiete geflogen wird?Uns ist kein Fall bekannt, bei dem auf einem Rotkreuz-Altkleidercontainer eine andere Verwendung, als die tatsächlich praktizierte, angegeben ist. Unsere regionalen Verbände betreiben die Altkleidersammlung in Eigenregie und Eigenverantwortung, daher kennen wir nicht jede Beschriftung jedes Altkleidercontainers. Aber unsere Verbände sind gehalten, die Art der Weiterverwertung transparent zu machen. Dass Altkleider in Katastrophengebiete transportiert werden ist die Ausnahme, da es meistens wirtschaftlich günstiger ist, Kleidung für Hilfebedürftige in der Region selbst einzukaufen. Aber es gibt auch Fälle, in denen das so gehandhabt wird. Beispielsweise organisiert unser Landesverband Berliner Rotes Kreuz dieses Jahr einen Hilfsgütertransport nach Lettland, bei dem auch gebrauchte Kleider an Bord sind.5. Ist es richtig, dass das Rote Kreuz oft nur sein Logo auf den Sammelcontainern von Altkleiderfirmen platziert?Beim Roten Kreuz ist es andersherum. Einige Kreisverbände sammeln die Sachen selbst ein. Viele kleinere Kreisverbände sind aber logistisch mit der Entleerung und Weiterverarbeitung der Kleidung überfordert – und kooperieren daher mit Verwertungsfirmen. Die Altkleidercontainer sind dann im Besitz des Roten Kreuzes und werden im Auftrag des betreffenden Kreisverbandes von einer Firma entleert. Die Erträge aus diesen Sammlungen und den Containern kommen aber dem DRK und seinen sozialen Projekten zugute.
6. Ist es richtig, dass sechzig Prozent der Altkleider auf Märkte nach Afrika gehen?Ein Großteil unserer Kreisverbände, die nicht selbst sammeln, kooperiert mit der Verwertungsfirma Efiba. Nach Auskunft des Unternehmens gehen rund 40 Prozent der durch Efiba gesammelten Kleider nach Afrika, über 40 Prozent gehen nach West- und Osteuropa, es folgen der Nahe Osten und Asien. Rund 20 Prozent der Ware wird recycelt und zu Dämmstoffen und Füllmaterialien weiterverarbeitet. Weitere Auskünfte erteilt Johann Villavicencio, Tel: 04531 / 171641 (Pressesprecher der Efiba-Muttergesellschaft SOEX).7. Können Sie es ethisch verantworten, dass Berge von europäischen Altkleidern in Tansania die Textilindustrie zerstört?Ob das tatsächlich der Fall ist, darüber sind sich auch Experten nicht einig. Studien des Fachverbands FairWertung in Kamerun und Tansania haben ergeben, dass die Altkleidermärkte gerade von Geringverdienern in diesen Ländern gut angenommen werden. Im Gegensatz zur lokal produzierten Kleidung, die oft eher Kunsthandwerk als Gebrauchsware ist, sind die importierten Altkleider auch für arme Menschen dort noch erschwinglich. FairWertung hat auch herausgefunden, dass in diesen Ländern sogar neue Arbeitsplätze entstanden sind, da eine große Anzahl von Menschen vom Handel oder dem Umarbeiten der Secondhand-Kleidung lebt.
8. Was tut das Rote Kreuz, um die Transparenz gegenüber den Kleiderspendern zu erhöhen?Der Bundesverband des Deutschen Roten Kreuzes wird seinen Mitgliedsverbänden in Kürze einen Leitfaden für eine transparentere Kommunikation mit Kleiderspendern vorlegen. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass Kleiderspender Klarheit darüber erhalten, was mit den von ihnen gespendeten Sachen passiert. 9. Was empfehlen Sie Menschen, die sicher gehen wollen, dass ihre gut erhaltene, abgelegte Kleidung direkt Bedürftigen zugute kommt?Wer sicher sein will, dass seine Kleider direkt an sozial Schwache weitergegeben werden, sollte sie direkt bei den Kleiderkammern abgeben. 10. Was empfehlen Sie Menschen generell für den Umgang mit Kleidung?Mit Augenmaß einkaufen, länger tragen, ggf. ausbessern, weitergeben im Bekannten- und Familienkreis, in Kleiderkammern oder direkt bei interessierten sozialen Einrichtungen abgeben.Hinweis: <link http: www.rbb-online.de abendschau archiv external-link-new-window>Wie das DRK mit Altkleidern konkret umgeht, finden Sie hier rbb-Beitrag vom 3.11.2011.