Alltäglich erleben Kinder und Jugendliche Gewalt. Unsere Kinderschutzdienste in den Landkreisen Westerwald und Altenkirchen helfen ihnen, mit ihren schlimmen Erfahrungen umzugehen und stabil ihren Alltag zu bewältigen.
Jedes Kind verdient Liebe, Sicherheit und Glück in seinem Leben. Doch viele Kinder kommen jeden Tag nach Hause und haben Angst. Manche fürchten sich zu erzählen, was ihnen in der Schule oder beim Spielen widerfahren ist. Andere zittern beim Gedanken daran, was hinter der Haustür passieren wird.
Im vergangenen Jahr mussten nach Angaben der Bundesregierung über 17.000 Kinder in Deutschland sexualisierte Gewalt ertragen. Die Dunkelziffer liegt vielfach höher. Um Kinder und Jugendliche zu schützen, betreibt der DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz in den Landkreisen Westerwald und Altenkirchen spezielle Kinderschutzdienste.
Über 50 Prozent der Mädchen, die wir beraten, sind von sexualisierter Gewalt betroffen.
Eva Schäfer, Teamleiterin des Kinderschutzdienstes Westerwald
„Gewalt gegen Kinder zieht sich quer durch alle Gesellschaftsschichten“, berichtet Eva Schäfer, die Teamleiterin des Kinderschutzdienstes Westerwald. Wenn die Gewalt z.B. in der eigenen Familie oder im Freizeitbereich stattfindet, ist es besonders schwer, ihr zu entkommen. Vor allem bei sexualisierter Gewalt werden Täterstrategien angewandt, die Kinder und Jugendliche unter Druck setzen und manipulieren. Sie bekommen dann zu hören: ‚Wenn du etwas erzählst, stirbt dein Haustier. Mama glaubt dir sowieso nicht. Du bist schuld, wenn die Familie auseinanderbricht.‘
Manche Kinder sind so verängstigt und traumatisiert, dass sie von sich aus nicht darüber sprechen können. Und wenn sie es doch wagen, müssen sie manchmal mehrmals um Hilfe rufen, bis ihre Eltern oder andere Bezugspersonen verstehen und reagieren. Es ist für die Kinder ein großer Schritt, überhaupt in die Beratung zu kommen.
Die Kontaktaufnahme verläuft von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Oft rufen besorgte Eltern bei den Kinderschutzdiensten an. Häufig machen sich Mitarbeitende von Kindertagesstätten und Schulen Sorgen um ein Kind oder einen Jugendlichen und bitten um Unterstützung. Die Mitarbeiterinnen der Kinderschutzdienste können in diesen Fällen auch Beratung, ohne Wissen der Eltern, vor Ort anbieten.
Um den Schutz für Kinder und Jugendliche herzustellen, arbeiten die Kinderschutzdienste eng mit den Jugendämtern zusammen. Denn nur das Jugendamt kann bei Bedarf Kinder auch in Obhut nehmen. „Es ist eine massive Steigerung bei den Beratungsanfragen zu verzeichnen, daher kann es zu Wartezeiten kommen. Die Mitarbeiterinnen der Kinderschutzdienste bieten jedoch immer zeitnah ein Erstgespräch an“, sagt Eva Schäfer.
Das Wichtigste ist, dass die Kinder vor weiterer Gewalt geschützt sind und wieder stabil ihren Alltag bewältigen können. Anschließend muss ihr Selbstbewusstsein behutsam wieder aufgebaut werden: Kinder und Jugendliche, die Gewalt erfahren, denken oft, dass sie selbst schuld sind oder dass sie eine Entschuldigung für das Verhalten der Eltern finden müssen.
„Im Laufe der Beratung gelingt es ihnen, sich zu öffnen und zu verstehen, dass sie nichts Falsches getan haben. Sie können an Selbstbehauptungstrainings teilnehmen, die ihnen helfen, stark zu sein und sich zu schützen. Außerdem nutzen sie kreative Methoden wie Malen oder Basteln, um ihre Gefühle auszudrücken und zu verarbeiten. Dabei lernen die Kinder: ‚Ich kann was. Ich bin wichtig. Ich verdiene es, gut behandelt zu werden.‘“ berichtet Eva Schäfer.
Gewaltsensibilisierten Menschen gelingt es meist besser, die Not von Kindern früher zu erkennen und einzuschreiten. Deshalb arbeiten die Kinderschutzdienste mit Schulen und Kindertagesstätten zusammen. Sie bieten Fortbildungen zu den Themen sexualisierte Gewalt, Prävention oder Kindeswohlgefährdung an, um Fachkräfte zu sensibilisieren. Zusätzlich können in Verbindung mit Präventionsprojekten Elternabende in Institutionen durchgeführt werden.
62.300 Fälle von Kindeswohlgefährdung
durch Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexualisierte Gewalt registriert (4% mehr als 2021).
48 Kinder pro Tag
in Deutschland Opfer sexualisierter Gewalt.
insgesamt 101 Kinder
getötet.
Der weit überwiegende Teil der getöteten Kinder war jünger als sechs Jahre.
Dies sind nur die bekannt gewordenen Tragödien. Die Zahl der unentdeckten Fälle im Dunkelfeld ist mutmaßlich viel höher.
Quelle: Bundesregierung