Im Psychosozialen Zentrum bietet der DRK-Kreisverband Kaiserslautern-Stadt traumatisierten Geflüchteten und Folteropfern Therapiemöglichkeiten, Rückhalt und Hilfen zur Alltagsbewältigung an.
Die junge Frau ist um die halbe Welt geflohen, um der Gewalt, dem Chaos und der Unterdrückung in ihrem Heimatland zu entkommen. Damit ihre Tochter an einem sicheren Ort aufwachsen kann. Und um
ihre entsetzlichen Erlebnisse hinter sich zu lassen. Doch die Erinnerungen holen sie immer wieder ein. Von diesem Tag, als ein fremder Mann Mutter und Kind packte, in sein Auto zerrte und der Frau Gewalt antat. Und das alles vor den Augen ihrer damals dreijährigen Tochter.
Anschließend hat sie versucht, alles allein mit sich auszumachen. Die Panikattacken. Als das Herz bis zum Hals schlug. Als sie so kurzatmig wurde, dass sie Angst hatte zu ersticken. Wie ihr ganzer Körper sich verkrampfte. Sechs Jahre hat sie geschwiegen, nicht ein Wort darüber verloren, zu niemandem. Bis sie im Psychosozialen Zentrum (PSZ) Westpfalz endlich Menschen gefunden hat, denen sie sich anvertrauen kann.
Im vom DRK-Kreisverband Kaiserslautern-Stadt betriebenen PSZ Westpfalz finden traumatisierte Geflüchtete und Folteropfer bei haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern Rückhalt und
Hilfe. „Wegen der Sprachbarriere ist es für geflüchtete Menschen kaum möglich, im gesundheitlichen Regelversorgungssystem Therapien zu machen. Bei uns finden sie Fachkundige, die ihre Sprache sprechen“, erläutert Faranouk Soltanpour, die Leiterin des PSZ Westpfalz.
Die Angebote sind hauptsächlich therapeutischer, psychologischer und psychosozialer Natur. Doch sehr wichtig sind auch die offenen Sprechstunden, Freizeitangebote und Sprachkurse speziell für Frauen. Denn sie stärken die Teilnehmerinnen: „Viele Frauen tun sich in einer fremden Umgebung schwer, ihre Wohnung oder Nachbarschaft zu verlassen – aus Angst oder weil sie es von zuhause nicht anders kennen“, berichtet Faranouk Soltanpour. Dann sind die Brückenfrauen eine große Hilfe.
„Brückenfrauen sind Frauen mit Migrationshintergrund, die schon lange in Deutschland leben. Sie helfen bei Problemen, übersetzen und bringen den Ankommenden ihren neuen Alltag näher“, erklärt Faranouk Soltanpour. „Mit ihrer Selbstständigkeit, ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Stärke sind sie für viele Frauen ein Vorbild.“
„In Begleitung einer Brückenfrau zum Bahnhof zu gehen und den Ticketautomaten zu bedienen oder im Supermarkt alles über Preise und Angebote zu lernen, hilft den Frauen, in ihrem neuen Alltag anzukommen. Ihr Selbstwertgefühl und ihre Unabhängigkeit wachsen. Das ist auch eine Art Therapie gegen das erlittene Trauma“, pflichtet Lior Haim Nir seiner Kollegin Faranouk Soltanpour bei.
Lior Haim Nir gehört ebenfalls zur Leitung des PSZ Westpfalz. Außerdem ist er als psychologischer Berater tätig und unterrichtet traumasensitives Yoga: „In den USA bietet mittlerweile fast jedes Traumazentrum Yoga an, weil es sich als Hilfsmittel zur Angstbewältigung bewährt hat. Bei traumatisierten Menschen ist die Verbindung zwischen Körper und Seele gestört. Durch die regelmäßigen Yogastunden kann sich die Verbindung wieder verbessern. Dabei horchen die Frauen in sich hinein: Was passiert mit mir, wenn ich diese Übungen mache? Was fühle ich in meinen Beinen, meinen Armen, in meinem Herzen? Wie beeinflussen meine Körperhaltung und meine Atmung meine Stimmung?“
Mit den Yogastunden und mit Gesprächen in Einzelsettings hat auch die junge Frau große Fortschritte gemacht. Sie merkt sofort, wenn die Anspannung beginnt und die Angst in ihren Körper kriecht. Dann führt sie die gelernten Atem- und Yogaübungen durch. Ihre Panikattacken sind seitdem viel seltener geworden. „Sie kann besser in sich hineinfühlen und trifft selbstständig die Entscheidung für sich, sich gegen ihre Ängste zu wehren“, freut sich Lior Haim Nir für die junge Frau. „Das ist ein erster, kleiner Schritt. Und gleichzeitig ein sehr großer. Der erste Schritt ist unglaublich wichtig.“
Das therapeutische Angebot im PSZ Westpfalz wird zum großen Teil durch öffentliche Gelder finanziert, aber die Einrichtung ist auch auf Spendenmittel des DRK angewiesen. Diese werden zum Beispiel für Sprachkurse, Auslagen der ehrenamtlichen Brückenfrauen und für Freizeitangebote verwendet. Darum freuen wir uns sehr über Ihre Unterstützung.