In Syrien ist die Not größer denn je: Rund 15 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe. Rou’a Kheirbeik engagiert sich freiwillig für den Syrischen Arabischen Roten Halbmond (SARC). Hier berichtet sie, wie sie Notleidenden hilft.
Seit 2021 bin ich ehrenamtlich in der Katastrophenschutzeinheit des Syrischen Arabischen Roten Halbmondes tätig. Ich liefere Nahrungsmittel und Hilfsgüter für Menschen in Not. Nach der Erdbebenkatastrophe [am Morgen des 6. Februar 2023] haben wir so Menschen geholfen, die durch das Erdbeben ihr Zuhause, ihre Verwandten und ihre Familie verloren haben.
Menschen wie Diana, Jamoul, Sally und Basheer. Diana hatte erst sechs Monate zuvor ihren Ehemann an Krebs verloren, als ihr Zuhause über ihrem Kopf zusammenstürzte. „Das Gebäude wurde bis auf die Grundmauern zerstört. Meine Tochter, mein Sohn und ich überlebten. Ich habe gebetet, dass noch jemand außer uns entkommen würde. Wir hatten auch ein Geschäft in dem Haus. Jetzt haben wir alles verloren. Dank der Unterstützung durch den SARC konnten wir durchhalten.“
„Bei meiner Arbeit bin ich mit vielen schwierigen menschlichen Schicksalen konfrontiert, daher muss ich stark sein und mich auf meine Aufgabe konzentrieren“, berichtet
Rou’a weiter.
Während des Erdbebens wurde auch das Haus von Jamoul unbewohnbar: „Ich danke Gott, dass es mir, meiner Tochter und ihren Kindern gut geht.“ Die 66-Jährige fand eine neue Unterkunft in Bani Zeid in Aleppo, wo sie mit ihrer Tochter und vier Enkelkindern lebt. „Das neue Haus war völlig leer. Ich fühlte mich hilflos, aber der SARC versorgte uns mit Nahrungsmitteln, Küchenutensilien, Matratzen und Decken. Freiwillige des SARC bauten sogar Türen und Fenster für mich ein und gaben mir so eine Sicherheit zurück, die ich verloren hatte.“
„In der Zeit nach dem Erdbeben gab es viele Geschichten, die mein Herz berührt haben“, erinnert sich Rou’a. „Eine von ihnen handelt von Sally. Das kleine Mädchen verlor durch das Erdbeben seine ganze Familie. Seine Mutter, seinen Vater und seinen Bruder. Ich habe tatsächlich viel von diesem kleinen Mädchen gelernt. Sally motiviert mich täglich, als Freiwillige mein Bestes zu geben.“
Basheer aus Aleppo verließ seine Wohnung um vier Uhr morgens, um zur Bäckerei zu gehen. 20 Minuten später stürzte das Gebäude ein, in dem er mit seiner Familie lebte. Basheer verlor vier seiner sechs Kinder.
In einer provisorischen Unterkunft des SARC gaben sie uns Hilfsgüter. Auch ein medizinisches Team besuchte uns regelmäßig. Bis heute haben meine Kinder psychische Probleme. Bei jedem lauten Geräusch rennen sie aus dem Haus oder wachen nachts in Panik auf und fragen mich: ‚Papa, ist das ein Erdbeben?‘
Rou’a weiß, dass noch viel Arbeit vor ihr und ihren Kolleginnen und Kollegen vom SARC liegt. Doch es treibt sie an, das Leid ihrer Mitmenschen zu lindern:
Auch ein wenig zu geben ist besser als nichts. Als Freiwillige darf ich miterleben, wie die Spenden den Menschen helfen und ihr Leben zum Besseren verändern. Mühe und Zeit für Menschen zu geben, die Hilfe benötigen, ist unbezahlbar. Ich möchte allen Spenderinnen und Spendern für ihr Engagement danken und ihnen sagen, dass sie den Menschen in Not wirklich helfen.
90 Prozent der Syrerinnen und Syrer leben in Armut; zwei Drittel davon in extremer Armut.
85 Prozent der Bevölkerung können ihre Grundbedürfnisse wie Nahrungsmittel, Wasser, Seife nicht decken.
27 Prozent der Haushalte geben an, dass ihre Kinder Anzeichen psychischer Belastung zeigen.
75 Prozent der Menschen mit Behinderung haben keinen Zugang zu medizinischer, wirtschaftlicher und sozialer Unterstützung.
Hilfsmaßnahmen des Deutschen Roten Kreuzes und des Syrischen Arabischen Roten Halbmondes: Die Helferinnen und Helfer des SARC decken mehr als 60 Prozent der humanitären Hilfsleistungen in Syrien ab. Seit 2012 unterstützt das DRK den SARC in den Bereichen Gesundheit, Katastrophenmanagement und Hilfslogistik. Nach den schweren Erdbeben stellten wir Hilfsgüter zur Verfügung, unter anderem Hygienepakete. Außerdem halfen wir, die medizinische Hilfe auszubauen – zum Beispiel durch große Lieferungen von Medikamenten.