Mosambik: "Nur gemeinsam ist man stark"

Bereits seit 1992 engagiert sich Jesina Josina Citole als Freiwillige in Mosambik für die Katastrophenhilfe des Mosambikanischen Roten Kreuzes (CVM). DRK-Mitarbeiterin Oana Bara hat die 44-Jährige getroffen, die im Wirbelsturm Ida selbst alles verloren hat und dennoch für andere da ist.

Jesina hat fünf Töchter und sieben Enkelkinder. Sie hat in ihrer Heimat schon viele Naturkatastrophen miterlebt und nicht nur einmal alles verloren. Zuletzt während des Wirbelsturms Idai, im März 2019. Bei unserem Besuch in der Nähe von Dombe, in der Provinz Manica im Süden des Landes, erzählt sie uns, wie ihr Leben vor der Katastrophe war und was sie und ihre Familie am dringendsten benötigen, auch jetzt, fast fünf Monate, nachdem Idai auf Mosambik traf.

Freiwillige in Mosambik: Interview mit Jesina Josina Citole

Eine junge Frau und ihre Großmutter lächlen in die Kamera
Jesina und eine ihrer sieben Enkelinnen.

Jesina, Sie sind seit 27 Jahren Freiwillige beim Mosambikanischen Roten Kreuz. Was motiviert sie, diese Arbeit weiterzuführen?

Meine Mutter war ihr ganzes Leben lang Krankenschwester. Die Selbstlosigkeit und das Gefühl, seine Gemeinde stärken und unterstützen zu wollen, habe ich von ihr. Sie hat mir schon von klein auf mitgegeben, dass man nur gemeinsam stark ist und die Menschen sich gegenseitig unterstützen müssen. Das hat mich zum Mosambikanischen Roten Kreuz gebracht. Dort arbeite ich vor allem in der Katastrophenhilfe und gebe ebenfalls Erste-Hilfe-Kurse in meiner Gemeinde. Es ist wichtig, dass sich die Menschen in einem Notfall zuerst selbst helfen können. Die heftigen Regenfälle und die Überschwemmung während des Zyklons im März hat einen Großteil der Straßen und Brücken zerstört und viele Helfer konnten lange nicht die Gebiete erreichen, die am stärksten betroffen waren. Das macht deutlich, wie wichtig es ist, die Bewohner der Risikogebiete auf solche Situationen so gut es geht vorzubereiten.

Wie war Ihr Leben vor Zyklon Idai?

Ein durch Sturm Idai zerstörtes Maisfeld in der Region Dombe

Unser Leben vor Zyklon Idai war nicht einfach, aber gut. Wir hatten ein schönes Haus. Unsere Küche war groß und wir hatten ein Feld, auf dem wir all unser Gemüse angebaut haben. Ereignisse wie Idai sind aber nicht neu für uns. Die Region hier wurde bereits regelmäßig von Naturkatastrophen heimgesucht und die Menschen haben sich schon oft von großen Verlusten erholen müssen. Viele haben Familie und Freunde verloren und dazu ihre gesamte Ernte, ihre einzige Lebensgrundlage. Diese hätte ein paar Tage nach Zyklon Idai geerntet werden sollen.

Haben Sie auch Ihr Haus und Ihre Ernte verloren?

Wir haben alles verloren. Das Einzige, was ich retten konnte, war mein Personalausweis. Mein Haus, Möbel, Papiere, alles ist von der fast acht Meter hohen Flutwelle weggespült worden. Das Haus, in dem ich momentan lebe, hat uns das Mosambikanische Rote Kreuz zur Verfügung gestellt. Dafür bin ich unglaublich dankbar, aber ich kann hier nicht für immer leben. Ich würde gerne mein Haus und meinen Garten wieder aufbauen, aber das ist noch nicht möglich. Es ist einfach zu teuer und ich bekomme keine Hilfe. Nur eine meiner Töchter arbeitet, die anderen sind verheiratet und kümmern sich um ihre Kinder, die noch klein sind. Mein Mann ist schon vor vielen Jahren gestorben. Ich will aber versuchen, zumindest ein kleines Stück Land zu kaufen, auf dem ich mein Gemüse anbauen kann.

Die Rotkreuz-Freiwillige in Mosambik bereitet das Mittagessen zu, gebratenen Fisch und Polenta. In ihrer vorübergehenden Bleibe hat Jesina keine Küche, deshalb kocht die 44-Jährige auf der kleinen Veranda.

Und doch haben Sie während und nach Zyklon Idai als Freiwillige Ihre Gemeinde unterstützt?

Ja, natürlich. Es war ja schon alles weg. Da ist es für mich klar, dass ich losgehe und meinen Nachbarn und Freunden helfe, wo es geht.

Die Rotkreuz-Freiwillige in Mosambik bereitet das Mittagessen zu, gebratenen Fisch und Polenta. In ihrer vorübergehenden Bleibe hat Jesina keine Küche, deshalb kocht die 44-Jährige auf der kleinen Veranda.

Ist es richtig, dass die betroffenen Gemeinden vorab per SMS über den kommenden Wirbelsturm informiert wurden? Warum sind so viele in ihren Häusern geblieben und sind nicht evakuiert worden?

Das ist richtig. Wir haben eine SMS bekommen, die uns die Situation erklärt hat und uns aufgefordert hat zu evakuieren. Die Menschen hatten aber Angst alles zurückzulassen und wussten nicht, wohin sie überhaupt gehen sollen. Es ist eine Sache, über etwas informiert zu werden, aber wir wussten einfach nicht, was wir tun sollen. Wir haben sowieso nicht viel, die meisten Häuser, die Sie hier sehen sind kleine Lehmhütten und jetzt haben die Menschen nichts mehr. Keiner hat mit so einer Zerstörungskraft gerechnet.

Was ist Ihr größter Wunsch für die Zukunft?

Ich hätte gerne wieder einen eigenen Garten oder ein Feld, auf dem ich mein Gemüse anbauen kann. Das würde mir eine Lebensgrundlage geben, die es mir erlaubt, auch ein Einkommen zu haben und mein Leben wieder aufbauen zu können. Das würde alles sehr viel einfacher machen.

Fotos: Oana Bara/DRK