Fina Jossias ist 43 Jahre alt und lebt in dem Dorf Bairro 25 de Setembro B. Die Gemeinde liegt im Bezirk Sussundenga und all ihre Mitglieder waren nach dem Zyklon Idai gezwungen, ein neues Leben an anderer Stelle zu beginnen. Fina führt uns zu ihrer Unterkunft, ihre Nachbarin Albertina begleitet uns. Wir nehmen gemeinsam im Schatten eines Mangobaums Platz, um über das Unvorstellbare zu sprechen. Finas offener, wacher Blick verliert sich nachdenklich in der Ferne, wenn sie von der Nacht berichtet, in der der Sturm und mit ihm das Hochwasser über ihr Zuhause hinein brachen. Ihre Erinnerungen an das Unglück sind noch heute sehr lebendig. Auf detaillierte Beschreibungen folgen immer wieder Momente des Schweigens. Die Mosambikanerin wurde im Schlaf von dem ansteigenden Wasser im eigenen Haus überrascht und versuchte schnellstmöglich ihre Familie in Sicherheit zu bringen.
„Als ich aufwachte, brachte ich meine und auch ein paar Nachbarskinder auf den Baum. Das war schwierig und ich verbrachte die Nacht damit, sie alle auf den Baum zu tragen. Ich band die Kinder mit Tüchern am Baum fest, damit sie nicht herunterfallen konnten. Sie blieben vier Tage dort. Ich sah immer wieder, wie Menschen vom Wasser weggetragen wurden. Menschen, die im Wasser starben. All das beobachtete ich, oben im Baum sitzend.”
Auf den Sturm Idai folgte tage- und nächtelanger Regen. Ein nicht enden wollender Wasserschwall entstand, der vor nichts Halt machte und alles mit sich riss, was die Menschen besaßen. Etwa 740.000 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche wurden zerstört. Die Lebensgrundlage zahlreicher Mosambikanerinnen und Mosambikaner, die sich mit dem Anbau von Gemüse und Getreide selbst versorgen, war verloren.
„Der Mais, der auf dem Feld und in der Scheune war… Alles wurde vom Wasser weggetragen. Ich hatte nichts mehr. Häuser samt Balken und nahezu alles, was sich darin befand, wurden vom Wasser weggespült. Als ich bei der Schule [die als Notunterkunft diente (Anmerkung, Autorin)] ankam, erhielten wir zuallererst Hilfe vom Roten Kreuz. Das Rote Kreuz brachte uns Decken und Matten, auf denen wir schlafen konnten“, beschreibt Fina weiter.
Nach der Naturkatastrophe fanden viele Menschen Unterschlupf in Notunterkünften, die in Schulen eingerichtet wurden. Das Mosambikanische und das Deutsche Rote Kreuz waren vor Ort und unterstützen die Betroffenen mit dringend benötigten Hilfsgütern wie Hygieneartikeln, Baumaterial für Übergangsunterkünfte und Küchenutensilien. Dinge, von denen die Menschen noch heute einen Nutzen haben, wie sie uns mitteilen.
Auch Albertina berichtet von dem tagelangen Ausharren auf Bäumen und der Flucht in eine andere Region, die höher gelegen und damit sicherer vor neuem Hochwasser ist. Albertina musste, wie alle Mitglieder der Gemeinde, ihr Leben von Neuem beginnen und nahm jede Hilfe dankend an. Die Wellbleche, die die 67-Jährige direkt nach der Naturkatastrophe vom Roten Kreuz erhielt, sind immer noch auf dem Dach ihrer Unterkunft zu finden. Besonders traurig: Viele der Frauen der Gemeinde haben ihre Lebensgefährten verloren und die Häuser, in denen sie nun leben, selbst gebaut. Sie sind nicht perfekt, aber sie bieten ihnen und ihrer Familie eine Unterkunft.
Wir verabschieden uns von Fina und Albertina, die uns einen nachdrücklichen Einblick in ihr Leben gaben, um zur nächsten Gemeinde namens Nhanhemba 2 aufzubrechen.
Neidi Simone, 48 Jahre, lebt hier mit ihren sechs Kindern. Ihre Erzählungen gleichen denen von Fina und Albertina. Der Einschnitt in das bestehende Leben war tief, und auch für sie sind die Konsequenzen der Naturkatastrophe bis heute deutlich spürbar. Doch die Hilfe des Deutschen Roten Kreuzes kam an und die bereitgestellten Kochtöpfe, Teller sowie das Besteck werden täglich von ihr genutzt.
„Als wir hier ankamen, half uns das Rote Kreuz und gab uns Geschirr, Wasserkanister, Töpfe und Decken. (…) Alles, was ich erhalten habe, wurde mir vom Roten Kreuz gegeben. Wegen Idai hatte ich auch keine Bettdecken mehr. Nun habe ich welche. Ich hatte keine Teller, doch jetzt schon. Und auch Kanister, um Wasser zu holen, habe ich bekommen.“
Auch Luisa lebt in Nhanhemba 2. Die 23-Jährige wohnt mit drei weiteren Erwachsenen in dem kleinen Haus, das mit Wellblechen des DRK gedeckt ist. Ihre Erleichterung, ein Dach über dem Kopf zu haben ist groß, doch die Angst, ihr Zuhause erneut an eine derartig starke Naturgewalt zu verlieren, die ist ebenso gegenwärtig. Sie hofft darauf, dass das nächste schwere Unwetter ihr Haus verschonen wird.
Das Leben der Menschen in Mosambik bleibt herausfordernd. Mosambik gehört zu den Ländern, die bereits jetzt am stärksten unter dem Klimawandel und den damit einhergehenden Naturkatastrophen leiden. Erst im Februar 2020 sorgte Starkregen für Überschwemmungen in Gebieten, die bereits vom Zyklon Idai betroffen waren. Erneut haben die Menschen dieser Regionen ihre Felder und damit ihre Existenzgrundlage verloren.
Das DRK in Zusammenarbeit mit dem Mosambikanischen Roten Kreuz setzt die Aktivitäten im Bezirk Sussundenga fort und unterstützt die von Idai betroffenen Familien durch die Bereitstellung von Baumaterial und Werkzeug für die Errichtung von temporären Unterkünften, in der Reparatur von Sanitäranlagen und in der Versorgung mit Hygieneartikeln.