Im Vorfeld einer Gefahr zu handeln, um Leben und Lebensgrundlagen zu schützen, ist ein innovativer Ansatz der humanitären Hilfe, auch vorausschauende humanitäre Hilfe (Forecast-based Financing – FbF) genannt. Mit Hilfe professioneller Vorhersagen über Wetter- und Niederschlagsmengen werden Voraussagen darüber getroffen, wann z.B. Dürren oder Überschwemmungen wahrscheinlich werden. So kann die Hilfe schon vor der eigentlichen Katastrophe und damit effizienter anlaufen.
Allein die frühe Warnung etwa vor Überschwemmungen und die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Gefahren trägt so z.B. dazu bei, dass die Menschen sich und ihre wichtigsten Besitztümer schützen oder rechtzeitig in Sicherheit bringen können.
Es wird erwartet, dass das derzeitige El-Niño-Ereignis weltweit schwere Auswirkungen haben wird. „El Niño“ heißt übersetzt das Kind, bzw. das Christkind. Der Name stammt von Fischern in Peru, die den Temperaturanstieg des Meeres oft in der Weihnachtszeit bemerkten. Hier in Honduras wird es erfahrungsgemäß zu Dürreperioden kommen, die zu Ernteeinbussen, Viehsterben, Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln, eingeschränktem Zugang zu sauberem Wasser und etwa der Häufung von Durchfallerkrankungen führen können.
Schon in der Vergangenheit wurde Honduras während der El-Niño-Perioden sehr stark von Dürren heimgesucht. So waren in den Jahren 2014 und 2015 mehr als 114.000 Familien in zehn Bezirken betroffen. Die große Dürre führte zu Ernährungsunsicherheit und zwang die Menschen sogar zur Migration.
Mehr als 2.000 Familien werden von vorausschauenden Maßnahmen profitieren, nachdem das HRK jetzt sein Frühwarnprotokoll, auch Early Action Plan (EAP) genannt, für die Dürre im Zusammenhang mit El Niño aktiviert hat.
Die frühzeitigen Maßnahmen, die über einen Zeitraum von drei Monaten laufen sollen, umfassen Bargeldhilfen, z.B. die Verteilung von Trinkwasserkits, Sensibilisierungskampagnen oder die Untersuchung der Wasserqualität mithilfe mobiler Labore.
Carlos Colindres der nationale Manager für Risikomanagement des Honduranischen Roten Kreuzes sagt:
Unsere Teams überwachen die Wettervorhersagen in Bezug auf mögliche Auswirkungen, um den Fortschritt der Aktivierung des Frühwarnprotokolls zu bestimmen; dies wird es uns dann ermöglichen, entsprechend unseren Erkenntnissen zu handeln.
Das Frühwarnprotokoll für Dürre in Verbindung mit El Niño ist ein humanitäres, wissenschaftliches und technisches Instrument, das die rechtzeitige und wirksame Umsetzung solcher vorausschauenden Maßnahmen ermöglicht. Das HRK entwickelte es mit Unterstützung des DRK und des Red Cross Red Crescent Climate Centre und der finanziellen Förderung des Auswärtigen Amtes und der BASF Stiftung.
Am 8. Juni 2023 stellte das Climate Prediction Center der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) fest, dass „El-Niño-Bedingungen vorhanden sind und sich voraussichtlich im Winter 2023-24 allmählich verstärken werden“. Darüber hinaus ergab die aktualisierte Prognose für die kommenden Monate (bis März 2024) eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 90 Prozent, dass die günstigen Bedingungen für El Niño anhalten werden. Auf der Grundlage dieser Prognosen wurde das Frühwarnprotokoll am 26. Juni 2023 aktiviert.
Sie richten sich an 2.060 Haushalte, von denen 360 Bargeldhilfen und Gutscheine erhalten und weitere 1.700 Haushalte mit Wasseraufbereitungskits versorgt werden. Weitere Maßnahmen umfassen den Einsatz des nationalen WASH-Teams (Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene) des HRK, das eine Bestandsaufnahme der Trinkwasserversorgung durchführen soll, sowie Sensibilisierungskampagnen.
Dabei geht man mitunter auch neue Wege, wie der Anticipation Dance zeigt: