Um das millionenfache Leid der ukrainischen Bevölkerung zu lindern, arbeitet die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung über Grenzen hinweg eng zusammen.
Kamil Raczynski steht vor einem Lagerhaus im polnischen Lublin nahe der ukrainischen Grenze. „Vor dem Krieg in der Ukraine war das eine ganz normale, regionale Rotkreuz-Niederlassung. Wir haben hier einfach unsere tägliche Arbeit gemacht“, berichtet der Koordinator für internationale Angelegenheiten vom Polnischen Roten Kreuz (PRK). „Doch seit dem Beginn des Konflikts mussten wir unsere Aktivitäten sehr schnell ausweiten.“ Das Deutsche Rote Kreuz hat seine Schwestergesellschaft dabei nach besten Kräften unterstützt: Nur wenige Tage nach Ausbruch der Kampfhandlungen erreichte der erste DRK-Hilfskonvoi Lublin. Fünf LKW lieferten insgesamt 88 Tonnen Hilfsgüter. Der Konvoi war der Beginn einer dauerhaften Versorgungslinie vom Logistikdrehkreuz in Lublin nach Lwiw, die wir zusammen mit dem Ukrainischen Roten Kreuz (URK) und dem PRK aufgebaut haben. Wenig später erreichte bereits ein weiterer Konvoi die Ukraine, bestehend aus elf Lastwagen mit 200 Tonnen Hilfsgütern des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) und des DRK.
Bevor die Nothilfe-Fachkräfte Lieferungen auf den Weg bringen, sprechen sie die Lieferung mit ihren Kolleginnen und Kollegen vom URK ab. So stellen sie sicher, dass die LKW nur mit Gütern beladen werden, die die Menschen in der Ukraine wirklich benötigen. „Das sind Feldbetten, das sind Isomatten, das sind Hygienepakete. Aber es sind auch Artikel wie Taschenlampen oder Powerbanks dabei, mit denen die Menschen ihre Telefone aufladen können“, erklärt Christof Johnen, Leiter der Internationalen Zusammenarbeit beim DRK. „Wir sind ständig im Austausch mit dem URK und sammeln alle wichtigen Informationen“, ergänzt Volodymyr Senko vom PRK. „Dabei geht es auch um die aktuelle Lage vor Ort. Wo können wir hin, wo können wir nicht hin? Welcher Weg ist der beste?“
DRK-Delegierte Oana Bara fügt hinzu: „Zusätzlich zu den Hilfsgütern, die wir in die Ukraine schicken, unterstützen wir auch Geflüchtete direkt in Polen und den anderen Nachbarländern.“ Eine von ihnen ist Oksana. Die junge Mutter floh mit ihren Kindern aus Charkiw, als die Situation für ihre Familie zu gefährlich wurde. „Ich zitterte vor Angst. Dabei hatte ich nicht um mich selbst Angst, sondern um meine Kinder“, beschreibt sie ihre Verzweiflung. „Ich war am Internationalen Frauentag Anfang März am polnischukrainischen Grenzübergang“, berichtet Oana Bara. „Die ganzen unglaublich starken Frauen, die ihre Kinder in Sicherheit tragen, haben mich sehr berührt. Es war gleichzeitig sehr schön und schwierig, diese ,Löwinnen‘ zu sehen, die ihre Liebsten nach einem langen und kräftezehrenden Weg in Sicherheit bringen. Teilweise haben sie über 40 Stunden an der Grenze gewartet.“
Auch die Mitarbeitenden des URK geben alles, um den betroffenen Menschen beizustehen: „Sie sind übermüdet. Sie kommen nicht zum Schlaf. Sie sorgen sich um ihre Kolleginnen und Kollegen in den besonders betroffenen Städten. Trotzdem ist die Hilfsbereitschaft sehr groß. Alle wollen helfen. Es gibt mehrere Tausend neue Freiwillige beim URK“, berichtet Christof Johnen. „Wir haben ganz großartige Kolleginnen und Kollegen in der Ukraine“, pflichtet Volodymyr Senko ihm bei. „Manchmal rufe ich bei ihnen an und sie sagen mir dann, dass es gerade nicht möglich ist zu telefonieren, weil es zu gefährlich sei. Dann sage ich nur: ‚Kein Problem. Gebt auf Euch acht. Ruft mich bitte zurück, wenn alles wieder sicher ist.‘ Und sie rufen mich immer zurück. Sie sind sehr mutig und machen tolle Arbeit. Und wir sind froh, dass wir sie unterstützen können.“
Diese und viele weitere Informationen und Geschichten über unsere spannende Rotkreuzarbeit lesen Sie in unserem viermal jährlich erscheinenden SOFORTHILFE REPORT.