Im Jahr 1898 erwirbt Helene Kieser das alte Forsthaus an der damaligen Waldstraße 8 samt angrenzendem Gelände. Ab 1904 bildet es mit der benachbarten Nr. 7 ein zusammenhängendes Grundstück. Mit Unterstützung ihres Bruders, des Nürnberger Architekten Hans Kieser, lässt sie das Haus grundlegend umbauen und den Park umgestalten. Denn Helene Kieser will das Gelände nicht für eigene Zwecke nutzen, sondern als Erholungsheim.
Insbesondere Jugendlichen aus der Großstadt dient es fortan als beliebter Erholungsort. Die Nachfrage ist derart groß, dass die Unterbringungsmöglichkeiten kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs durch ein Blockhaus im Garten erweitert werden. Der Krieg und die Zeit der Inflation machen der Besitzerin die Weiterführung dann jedoch schwer, und sie übergibt das Anwesen schließlich in die Hände von Verwandten.
1924 erwirbt der Mittelfränkische Kreisverein vom Rothen Kreuz die Einrichtung, installiert eine Zentralheizung und betreibt sie im Sinne der Gründerin weiter. Bis 1929 obliegt die Leitung der Schwester Harriet Gumpoldt, in dieser Zeit wird das Haus in „Eugenienheim“ umbenannt.
Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten wird das Rote Kreuz gezwungen, die Wohlfahrtsarbeit an NS-Organisationen zu übergeben. Die Anlage wird zunächst von der Frauenschaft genutzt. 1940 kommt dann das Rote Kreuz auf Petersaurach zurück, „auf der Suche nach einer geeigneten Liegenschaft, um Männer und Frauen des Deutschen Roten Kreuzes zu schulen“. Fortan befindet sich hier die Führerschule der Landesstelle XIII des DRK, in der dreißig Teilnehmer Platz finden können. Ein Lehrsaal, Gemeinschaftsräume, ein Leseraum und ein Waschraum werden eingerichtet, auch die übrigen Räume neu gestaltet. Das Nebengebäude, das so genannte Schweizerhaus, dient dem Verwaltungsleiter als Wohnhaus. Die Außenflächen werden ebenfalls umgestaltet. Denn für die Ausbildung der Führer und Führerinnen des DRK ist Verhalten, Bewegen und Arbeiten im Gelände beim Auffinden und Bergen der Verwundeten besonders zu üben und zu schulen.
Bei Kriegsende wird das Haus von den amerikanischen Besatzungstruppen beschlagnahmt. Einige Zeit später dient es als Umschulungsstätte für kriegsversehrte Heimkehrer. Ab 1950 – andere Quellen sprechen von 1952 – wird die Anlage dann als Einrichtung des Bayerischen Roten Kreuzes wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt, der Erholung von Jugendlichen. Bis 1966 dient sie vornehmlich der Deutschen Angestellten-Krankenkasse als Belegungsheim. Sie führt hier während dieser Zeit 164 Jugendkurgänge mit jeweils vierzig bis fünfzig Jungen und Mädchen durch. Sie kommen meist aus Nord- und Westdeutschland, sowohl vorbeugend als auch zur Genesung nach überstandener Krankheit oder Operation. Aber es gibt zunehmend ein Belegungsproblem – der Aufenthalt gilt nicht als offizielle Kur. Für die fünfundzwanzig Tage vor Ort muss ein Eigenbeitrag von sechzig Mark erbracht und eigens Urlaub genommen werden. Beides zusammen ist für Jugendliche möglicherweise nicht mehr attraktiv genug. 1966 schließt das Bayerische Rote Kreuz sein Erholungsheim und verkauft es an einen Architekten als Büro und Domizil. Das Schweizerhaus wird abgerissen. Am 27.September 1966 vermerkt die Fränkische Landeszeitung: „Das Rotkreuzheim versinkt im Dornröschenschlaf.“
VS, mit tatkräftiger Unterstützung von Claus Dieter Bürkel, dem Ehrenkolonnenführer des BRK Petersaurach
Rosenau 13
91580 Petersaurach
Öffnungszeiten: Das Haus ist heute in Privatbesitz und nur von außen zu besichtigen.
Weitere Orte zur frühen Wohlfahrtsarbeit: Berlin (Schrebergärten), Hamburg (Warteschule), Lehrte, Loschwitz, Lychen, Saasa und Wittdün
Weitere frühe Ausbildungsstätten des Roten Kreuzes: Bad Bevensen, Lütjensee, Gnaschwitz und Radebeul
Auch sehenswert: Petersaurach liegt im mittelfränkischen Kreis Ansbach, in dem sich eine ganze Reihe von Natur- und Landschaftsschutzgebieten befindet, darunter das Wiesmet, eines der größten und bedeutendsten Feuchtgebiete im süddeutschen Raum.
Ansbach bietet mehrere sehenswerte Ziele, darunter die Residenz, den ehemaligen Regierungssitz der Markgrafen, die Orangerie mit dem Hofgarten, den Behringerhof, das Herrieder Tor und die Synagoge aus dem 18. Jahrhundert.