Kindertagesbetreuung ist keine Erfindung unserer Tage, sie blickt vielmehr auf eine fast zweihundertjährige Geschichte zurück. Damals werden solche Einrichtungen noch „Warteschulen“ genannt.
Die Kinder entstammen zumeist den ärmeren Bevölkerungsschichten, aus deren Mitte zunehmend auch die Mütter berufstätig werden. Durch diese Stätten sollen die Kinder vor Verwahrlosung bewahrt und bis zur Einschulung stundenweise oder halbtags betreut werden. Dies obliegt in der Regel Gemeindeschwestern sowie Ehrenamtlichen und noch nicht ausgebildetem Fachpersonal.
Als erste Warteschule gilt die des → Rauhen Hauses, einer diakonischen Einrichtung in Hamburg, die 1830 ihre Arbeit aufnimmt. Es folgen weitere, zumeist kirchliche Einrichtungen, finanziert wird die Arbeit überwiegend aus Spenden.
Anfang des 20. Jahrhunderts übernehmen auch Vaterländische Frauenvereine vom Roten Kreuz diese Aufgabe. Neben der Krankenpflege wenden sie sich zunehmend weiteren sozialen Aufgaben zu, die nicht im Zusammenhang mit einer möglichen Kriegstätigkeit stehen.
Im heute zu Hamburg gehörenden Lohbrügge, das zunächst dänisch ist und nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg von 1866 Teil der preußischen Provinz Schleswig-Holstein wird, steigt gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund der Industrialisierung die Bevölkerungszahl rasch an. Zählt der Ort um 1850 noch 600 Einwohner, sind es vierzig Jahre später bereits 3500.
Im Jahr 1896 gibt Ludwig Marnitz, der Pastor der inzwischen aus Lohbrügge, Sande und Ladenbek gebildeten Großgemeinde Sande, den Anstoß zum Bau einer Warteschule. 1910/11 kann sie dann in ein eigenes Gebäude in unmittelbarer Nähe der Erlöserkirche einziehen. Einige Zeit später übernimmt der örtliche Vaterländische Frauenverein die Warteschule von der Gemeinde. Es ist nicht genau überliefert, wie lange das Rote Kreuz sie betreibt. Spätestens in der Zeit des Nationalsozialismus, in der es seine Wohlfahrtsarbeit wieder abgeben muss, findet ein erneuter Trägerwechsel statt.
Auch nach über hundert Jahren werden in dem Traditionshaus weiterhin Kinder betreut, jetzt in Trägerschaft der Elbkinder – Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten gGmbH, eines öffentlichen Unternehmens von Hamburg. 2012 wird aus der Kindertagesstätte Ratz und Rübe die Kita Lohbrügger Kirchstraße.
ehemalige Warteschule
Lohbrügger Kirchstraße 15
21033 Hamburg
Telefon: 040 7399772
E-Mail: kita-lohbruegger-kirchstrasse(at)elbkinder-kitas(dot)de
Website: www.elbkinder-kitas.de
Öffnungszeiten: Das Gebäude wird als Kindertageseinrichtung genutzt und ist nicht frei zugänglich.
Weitere Orte der frühen Wohlfahrtsarbeit: Berlin (Schrebergärten), Dresden (Loschwitz) und Lychen.
Auch sehenswert: In unmittelbarer Nähe von Lohbrügge liegt Bergedorf. Es bietet eine Reihe historisch interessanter Gebäude wie das mehrere hunderte Jahre alte Schloss, die Kirche St. Petri und Pauli oder die 1912 eingeweihte Sternwarte. Im Umfeld von Bergedorf liegen die Vier- und Marschlande, das Gemüse- und Blumenanbaugebiet Hamburgs, mit schönen alten Bauernhäusern und sehenswerten Kirchen. Hier findet sich aber auch die KZ-Gedenkstätte Neuengamme.