BERLIN Im August 2010 stellte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) eine Datenbank zum Völkergewohnheitsrecht online. Die Datenbank bietet Völkerrechtlern, Angehörigen der Streitkräfte und Journalisten weltweit eine Möglichkeit, sich in kurzer Zeit umfassend über den Geltungsbereich bestimmter Rechtsgrundsätze zu informieren.
Die Datenbank enthält umfangreiches Informationsmaterial zu 161 völkergewohnheitsrechtlich geltenden Regeln. An Völkergewohnheitsrecht müssen sich alle Staaten halten, an völkerrechtliche Verträge zumeist nur diejenigen, die den Vertrag unterzeichnet haben. Von Völkergewohnheitsrecht spricht man, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss eine übereinstimmende Staatenpraxis vorliegen, d.h. die Staaten müssen sich in der Vergangenheit so verhalten haben, als ob eine Regel bereits gültig ist. Zweitens muss eine entsprechende Rechtsüberzeugung (opinio iuris) vorliegen, d.h. ein Staat darf der Anwendbarkeit einer bestimmten Regelung nicht aktiv widersprochen haben.
In einer Studie aus dem Jahr 2005 hat das IKRK 161 Regeln auf dem Gebiet des humanitären Völkerrechts dahingehend untersucht, ob die genannten beiden Voraussetzungen vorliegen, also ob es sich dabei um Völkergewohnheitsrecht handelt. Im Gegensatz zur ursprünglichen Printversion der IKRK-Studie zum Völkergewohnheitsrecht ist die neue Online-Datenbank praktisch verlinkt. Gesucht werden kann nach verschiedenen Kriterien: einer bestimmten völkergewohnheitsrechtlichen Regel, der entsprechenden Praxis auf nationaler Ebene eines Staates (beispielsweise Deutschlands) oder nach einschlägigen Quellen, wie z.B. internationalen Verträgen, Militärhandbüchern, UN-Dokumenten. Auf diese Weise lässt sich feststellen, welche ungeschriebenen Regeln in welcher Art eines bewaffneten Konflikts geltendes Recht sind und wie sich dies begründen lässt.
Die Online-Datenbank, die über 50% mehr Informationsmaterial bietet als die ursprüngliche Printversion der IKRK-Studie soll regelmäßig zweimal pro Jahr aktualisiert werden. Aktualisierungen, welche die Nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften liefern sollen, werden zum Zwecke der Übersichtlichkeit in der Datenbank farblich markiert.
Die Datenbank ist ein hilfreiches Recherchetool für Völkerrechtler, Angehörige der Streitkräfte und Journalisten, das einen schnellen und umfassenden Überblick über das ungeschriebene Völkergewohnheitsrecht bietet.
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