Libyen: "Kriegschirurgie funktioniert anders" - DRK e.V.

Libyen: "Kriegschirurgie funktioniert anders"

Dr. Haide Beckmann (Foto: DRK)

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat zwei Chirurgen-Teams nach Libyen entsandt, um die Versorgung von Kriegsverletzten zu unterstützen. Mit dabei ist auch die deutsche Anästhesistin Dr. Haide Beckmann. Im Interview schildert sie die Situation vor Ort.

DRK: Wie ist die Lage derzeit in Tripolis? Dr. Haide Beckmann: Derzeit scheint sich die Lage zu stabilisieren. Die Straßensperren werden geräumt, es wird seltener kontrolliert, und die Geschäfte machen langsam wieder auf. Auch der Treibstoffmangel wird nach und nach behoben. Wenn in den vergangenen Nächten geschossen worden ist, handelte es sich meistens um Freudenfeiern und nicht um Straßenkämpfe. DRK: Wie war die Situation, als Sie in Tripolis angekommen sind? Beckmann: Zu dem Zeitpunkt gab es noch Straßenkämpfe und demzufolge auch viele Kontrollen und Straßensperren. DRK: Wo arbeiten Sie in Tripolis? Beckmann: Wir werden derzeit in zwei verschiedenen Krankenhäusern eingesetzt, in denen wir uns vor allem um Kriegsverwundete kümmern. Dabei handelt es sich meistens um Schussverletzungen. Oft müssen wir einen Patienten mehr als einmal operieren. Manchmal müssen wir die Patienten erst einmal stabilisieren, bevor wir mit dem Säubern der Wunde beginnen können. Das Problem bei Schussverletzungen ist, dass man die Wunde großflächig säubern muss, bevor sie in der Regel nach fünf Tagen oder länger verschlossen werden kann. Es bringt nichts, eine Wunde zu schließen, wenn noch lauter Knochenfragmente später Entzündungen auslösen können. Kriegschirurgie funktioniert anders als die Chirurgie in Friedenszeiten. DRK: Sind die Ärzte in Libyen auf die besonderen Erfordernisse der Kriegschirurgie vorbereitet?

Beckmann: Generell sind Ärzte und Pfleger in Libyen gut ausgebildet. Dennoch wissen sie nicht immer, wie man am besten Schuss- und Splitterverletzungen behandeln soll. Das wäre in anderen Ländern aber auch nicht anders. Deshalb hat das IKRK bereits im März und Juli in Tripolis vorbeugend Seminare zur Kriegschirurgie durchgeführt. Dabei wurden aber natürlich nicht alle Ärzte erreicht, so dass ein großer Teil unserer Aufgabe auch jetzt darin besteht, unsere Kollegen hier vor Ort zu beraten.

Vielen Dank für das Gespräch



Unterstützen Sie jetzt ein Hilfsprojekt mit Ihrer Spende